Wie mir deine Freuden winken
Frühlingsgruß an das Vaterland
1. Wie
mir deine Freuden winken
nach der Knechtschaft, nach dem Streit!
Vaterland, ich muß versinken
hier in deiner Herrlichkeit!
Wo die hohen Eichen sausen,
himmelan das Haupt gewandt,
wo die starken Ströme brausen,
alles das ist deutsches Land.
2. Von dem Rheinfall hergegangen
komm ich, von der Donau Quell,
und in mir sind aufgegangen
Liebessterne mild und hell.
Niedersteigen will ich, strahlen
soll von mir der Freudenschein
in des Neckars frohen Thalen
und am silberblauen Main.
3. Weiter, weiter mußt du dringen,
du, mein deutscher Freiheitsgruß,
sollst vor meiner Hütte klingen
an dem fernen Memelfluß.
Wo noch deutsche Worte gelten,
wo die Herzen, stark und weich,
zu dem Freiheitskampf sich stellten,
ist auch heilges deutsches Reich.
4. Alles ist in Grün gekleidet,
alles strahlt im jungen Licht,
Anger, wo die Herde weidet,
Hügel, wo man Trauben bricht.
Vaterland! In tausend Jahren
kam dir solch ein Frühling kaum;
was die hohen Väter waren,
heißet nimmermehr ein Traum.
5. Aber einmal müßt ihr ringen
noch in ernster Geisterschlacht
und den letzten Feind bezwingen,
der im Innern drohend wacht.
Haß und Argwohn müßt ihr dämpfen,
Geiz und Neid und böse Lust;
dann, nach schweren, langen Kämpfen,
kannst du ruhen, deutsche Brust!
6. Jeder ist dann reich an Ehren,
reich an Demut und an Macht;
so nur kann sich recht verklären
unsers Kaisers heilge Pracht.
Alle Sünden müssen sterben
in der gottgesandten Flut
und an einen selgen Erben
fallen das entsühnte Gut.
7. Segen Gottes auf den Feldern,
in des Weinstocks heilger Frucht;
Manneslust in grünen Wäldern,
in den Hütten frohe Zucht;
in der Brust ein frommes Sehnen,
ewger Freiheit Unterpfand:
Liebe spricht in zarten Tönen
nirgends wie im deutschen Land.
8. Ihr in Schlössern, ihr in Städten,
welche schmücken unser Land,
Ackersmann, der auf den Beeten
deutsche Frucht in Garben band;
traute deutsche Brüder, höret
meine Worte alt und neu:
Nimmer wird das Reich zerstöret,
wenn ihr einig seid und treu!
Dichter: Gottlob Ferdinand
Maximilian Gottfried von Schenkendorff, "Wie
mir deine Freuden winken", 1814
Singweise: "Treue
Liebe bis zum Grabe"
Komponist: Bernhard Klein,
1817
Liederschatz
Zusammengestellt von Ronny Herbst